Ökosoziale Steuerreform 2022

Im November 2021 hat die Bundesregierung einen Begutachtungsentwurf für das ökosoziale Steuerreformgesetz 2022 veröffentlicht. Dieses soll die zahlreichen zuvor medial angekündigten Maßnahmen umsetzen und Entlastung sowohl für die Umwelt als auch für den Steuerzahler bringen. In diesem Artikel wollen wir Ihnen einen Überblick über die wesentlichsten Neuerungen geben.

Körperschaften
Natürliche Personen
Belastungen

- Erhöhte Energiekosten oder
  CO2-Steuer
Belastungen

- Erhöhte Energiekosten


Entlastung


+ Kompensation CO2-Steuer in gewissen Fällen         
+ Senkung Körperschaftsteuer
+ Einführung des Investitionsfreibetrages
+ Anhebung der Grenze für geringw.
   Wirtschaftsgüter





Entlastung


+ Klimabonus
+ Sernkung Einkommensteuer
+ Einführung des investitionsfreibetrages
+ Anhebung der Grenze für geringw. Wirtschaftsgüter
+ Erhöhung des Gewinnfreibetrages
+ Steuerfreiheit von Gewinnbeteiligungen für Dienstnehmer
+Erhöhung des Familienbonus & Kindermehrbetrages
+ Sonderausgabenabzug für Thermische Gebäudesanierung


CO2-Bepreisung
Die Bepreisung von CO2 dient dem Klimaschutz, damit einem wesentlichen Ziel der Steuerreform und soll ab 1. Juli 2022 durch ein eigenes Gesetz erfolgen. Zukünftig wird für das Inverkehrbringen jeder Tonne CO2 durch bestimmte Energieträger der Erwerb eines entsprechenden Emissionszertifikats nötig sein. Anfänglich werden hiervon Energieträger umfasst sein, die derzeit schon der Mineralölsteuer, Erdgas- oder Kohleabgabe unterliegen (zB Benzin, Gasöl, Heizöl, Erdgas, Flüssiggas, Kohle und Kerosin). Dieser Katalog kann zukünftig grundsätzlich erweitert werden.

In erstem Zuge von der CO2-Bepreisung hauptbelastet sollen die Inverkehrbringer der Energieträger sein (bspw Großhändler, Hersteller und Importeure von Energieträgern aus den Sektoren Verkehr, Gebäude, Energie, Industrie sowie Landwirtschaft-Maschinen und Geräte) werden. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass diese die zusätzlichen Kosten an ihre Abnehmer überwälzen, was sich in erhöhten Kosten für sämtliche Nutzer der Energieträger niederschlagen wird.

Zur Entlastung der natürlichen Personen sollen diese ab 2022 einen so genannten Klimabonus erhalten. Dieser beträgt je nach Wohnort zwischen jährlich EUR 100,00 und 200,00 (50% hievon für Kinder unter 18 Jahren) und ist steuerfrei. Die Höhe des Klimabonus soll regelmäßig angepasst werden.

Zur Entlastung von Unternehmen sind ebenfalls Maßnahmen vorgesehen. So sollen etwa Unternehmen mit einem besonders hohen Anteil an Brennstoffkosten eine Kompensation für die Mehrbelastung erhalten, insbesondere im Bereich der Landwirtschaft und um Härtefälle zu verhindern. Zur Erhaltung der grenzüberschreitenden Wettbewerbsfähigkeit und um Carbon Leakage (Verlagerung der Treibhausgasmissionen ins Ausland) zu verhindern, soll der Zugang zu einer Kompensation unter gewissen Umständen auch für produzierende Unternehmen möglich sein, sofern ihre Wettbewerbssituation aktuell keinen Wechsel auf CO2-neutrale Alternativen zulässt. Der Kompensationsbetrag wird abhängig von der Handelsintensität und der Emissionsintensität des antragstellenden Unternehmens zwischen 65% und 95% der tatsächlichen Mehrbelastung betragen und gedeckelt sein. Für Landwirte wird es überdies die Möglichkeit einer Pauschalierung geben.

Bezüglich der konkreten Höhe der CO2-Bepreisung wird für Jahre bis inklusive 2025 ein fixer Ausgabewert für die benötigten Emissionszertifikate festgelegt. Für eine Tonne CO2 entspricht dieser
  • ab 1. Juli 2022 EUR 30,00; 
  • ab 1. Jänner 2023 EUR 35,00;
  • ab 1. Jänner 2024 EUR 45,00;
  • ab 1. Jänner 2025 EUR 55,00.
Die geplanten Preiserhöhungen ab 2023 unterliegen einer Anpassung je nach Verlauf eines speziellen Energiepreisindex. Sollten die Energiepreise im Vergleich zum vorangegangenen Jahr signifikant (um mehr als 12,5%) steigen, so halbiert sich die geplante Preiserhöhung. Sollten sie hingegen signifikant sinken, würde diese um 50% steigen. Beginnend mit Jänner 2026 soll die Preisbildung anhand von Marktdaten erfolgen.

Senkung des Körperschaftsteuertarifs
Als weitere Entlastungsmaßnahme und zur Steigerung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich ist eine graduelle Senkung des Körperschaftsteuersatzes um insgesamt 2% vorgesehen. Der Körperschaftsteuersatz wird somit
  • bis 31.Dezember 2022 weiterhin 25%
  • ab 1. Jänner 2023 24%
  • ab 1. Jänner 2024 23%
betragen. Bei abweichenden Wirtschaftsjahren soll der jeweils geltende Steuersatz anteilig auf die Einkommensteile der betroffenen Jahre angewendet werden.

Auch die Abzugssteuer für die Einräumung von Leitungsrechten iHv derzeit 8,25% soll auf 7,5% reduziert werden.

Senkung der Einkommensteuertarife
Im Rahmen der Einkommensteuer sind ebenfalls Tarifsenkungen geplant. Während die 1. Tarifstufe für Einkommensteile über EUR 11.000 bis EUR 18.000 bei 20% bleibt, sollen die
  • 2. Tarifstufe für Einkommensteile über EUR 18.000 bis EUR 31.000 ab dem 1. Juli 2022 von 35% auf 30% und die
  • 3. Tarifstufe für Einkommensteile über EUR 31.000 bis EUR 60.000 ab dem 1. Juli 2023 von 42% auf 40%
gesenkt werden. Die unterjährige Änderung der Tarifstufen soll durch einen sich daraus ergebenen Mischsteuersatz berücksichtigt werden. Ab dem Jahr 2024, in dem die obige Senkung ganzjährig zum Tragen kommt, ergibt sich bei voller Nutzung eine effektive Reduktion der Steuerlast in Höhe von EUR 1.230,00 pro Jahr.

Investitionsfreibetrag
Im Rahmen der ökosozialen Steuerreform wird auch das bekannte Instrument des Investitionsfreibetrages in etwas geänderter Form zu neuem Leben erweckt. Zweck ist es, einen verstärkten Anreiz in die Tätigung von Investitionen- vor allem auch im Bereich der Ökologisierung - zu schaffen. In diesem Zusammenhang sind folgende Eckpunkte von Relevanz:
  • Der Investitionsbetrag beträgt generell 10% der der Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Soweit die Investition dem Bereich Ökologisierung zuzuordnen ist, erhöht sich der Investitionsfreibetrag auf 15%.
  • Die Bemessungsgrundlage ist mit EUR 1 Mio. gedeckelt, der Investitionsfreibetrag beträgt somit höchstens EUR 100.000,00, respektive EUR 150.000,00 für ökologische Investitionen. Im Falle von Rumpfwirtschaftsjahren ist eine Zwölftelung vorzunehmen.
  • Er gilt für Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens, die eine gewöhnliche Nutzungsdauer von mindestens vier Jahren aufweisen und inländischen Betrieben oder inländischen Betriebsstätten zuzurechnen sind. Bei Ausscheiden des begünstigen Wirtschaftsgutes vor Ablauf von 4 Jahren aus dem Betriebsvermögen oder Verbringung in Länder außerhalb der EU/des EWR ist eine Nachversteuerung vorgesehen.
  • Nicht begünstigte Wirtschaftsgüter sind
o Gebäude und andere Wirtschaftsgüter, die einer Sonderform der Absetzung für Abnutzung iSd § 8 EStG unterliegen, Gegenausnahme: Kraftfahrzeuge mit einem CO2-Emissionswert von 0 Gramm pro Kilometer;
o Wirtschaftsgüter, die zur Deckung eines investitionsbedingten Gewinnfreibetrages herangezogen    werden;
o Geringwertige Wirtschaftsgüter;
o Gebrauchte Wirtschaftsgüter;
o Wirtschaftsgüter, die überwiegend zur entgeltlichen Überlassung in Drittländer bestimmt sind;
o Unkörperliche Wirtschaftsgüter, die nicht den Bereichen Digitalisierung, Ökologisierung und Gesundheit/Life-Science zuzuordnen sind;
o Anlagen, die der Förderung, dem Transport oder der Speicherung fossiler Energieträger dienen, sowie Anlagen, die fossile Energieträger direkt nutzen.
  • Ein durch die Geltendmachung des Investitionsfreibetrages entstandener oder erhöhter Verlust ist insoweit weder ausgleichs- noch vortragsfähig. Ein solcher Verlust kann nur mit späteren Gewinnen aus diesem Betrieb verrechnet werden.
  • Der Investitionsfreibetrag soll erstmals für nach dem 31. Dezember 2022 angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter in Anspruch genommen werden können.
Anhebung des Gewinnfreibetrages
Im Rahmen des Gewinnfreibetrages für einkommensteuerpflichtige Unternehmer soll der Grundfreibetrag ohne Investitionserfordernis für die ersten EUR 30.000,00 von 13% auf 15%, somit von EUR 3.900,00 auf EUR 4.500,00 erhöht werden. Der maximal mögliche Gewinnfreibetrag soll sodann EUR 45.950,00 betragen. Die Erhöhung soll erstmals für Wirtschaftsjahre anwendbar sein, die nach dem 31. Dezember 2021 beginnen.

Geringwertige Wirtschaftsgüter
Die betragliche Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter soll von EUR 800,00 auf EUR 1.000,00 angehoben werden. Im betrieblichen Bereich soll die erhöhte Wertgrenze erstmals für Wirtschaftsjahre gelten, die nach dem 31. Dezember 2022 beginnen. Im außerbetrieblichen Bereich soll die Erhöhung erstmalig im Rahmen der Veranlagung 2023 in Anspruch genommen werden können.

Besteuerung von Kryptowährungen
Die ökosoziale Steuerreform sieht eine Eingliederung von Kryptowährungen in die schon bestehende Systematik der Besteuerung von Kapitalvermögen vor. Sowohl laufende Einkünfte als auch realisierte Wertsteigerungen sind in diesem Zusammenhang dem besonderen Steuersatz iHv 27,5% zu unterwerfen. Nicht dem besonderen Steuersatz, sondern dem Tarif, unterliegen Entgelte aus der Überlassung von Kryptowährungen, sofern die zugrundliegenden Verträge nicht öffentlich angeboten werden. Die Geltendmachung von Werbungskosten soll unter Anwendung des Regelsteuersatzes möglich sein. Bei Anwendung des besonderen Steuersatzes ist dies ausgeschlossen. Überdies wird es möglich sein, etwaige Verluste aus Kryptowährungen mit gewissen anderen Kapitaleinkünften auszugleichen. Die diesbezüglichen Vorschriften sollen mit 1. März 2022 in Kraft treten und für Kryptowährungen gelten, welche nach dem 28. Februar 2021 angeschafft wurden. Für davor angeschaffte Assets soll die 1-jährige Steuerhängigkeit im Rahmen der Spekulationsgeschäftebesteuerung weiterhin gelten. Für das Jahr 2022 wird die Besteuerung grundsätzlich mit dem besonderen Steuersatz im Rahmen der Veranlagung erforderlich sein, ab dem Jahr 2023 soll die Erhebung bei Anwendung des besonderen Steuersatzes und Vorliegen eines inländischen Schuldners oder Dienstleisters durch Kapitalertragsteuer-Abzug erfolgen

Steuerfreie Gewinnbeteiligung von Mitarbeitern

Aktuell besteht bei Gewinnbeteiligungen von Mitarbeitern keine Begünstigung. Ab 1. Jänner 2022 soll eine Gewinnbeteiligung von aktiven Mitarbeitern bis zu EUR 3.000,00 jährlich steuerfrei sein. Dies ist an die Bedingung geknüpft, dass die Gewinnbeteiligung allen bzw zumindest bestimmten Gruppen von Mitarbeitern und nicht aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift gewährt wird. Eine steuerfreie Mitarbeitergewinnbeteiligung ist bis zu Höhe des steuerlichen Vorjahresgewinn möglich.

Erhöhung des Familienbonus
Der Familienbonus soll sich für
  • Kinder bis 18 Jahre von EUR 1.500,00 auf EUR 2.000,16 p.a.
  • Kinder ab 18 Jahren von EUR 500,16 auf EUR 650,16 p.a.
erhöhen. Der Kindermehrbetrag soll von EUR 250,00 auf EUR 450,00 pro Kind und Jahr angehoben werden. Beide Änderungen sollen mit 1. Juli 2022 in Kraft treten.

Sonderausgabe – thermische Gebäudesanierung
Die thermische Sanierung von Gebäuden und der Umstieg von einem fossilen Heizungssystems auf eine klimafreundliche Alternative sollen künftig unter gewissen Voraussetzungen (insb dem Vorliegen einer Förderung nach dem Umweltförderungsgesetz) in pauschaler Form über mehrere Veranlagungsjahre als Sonderausgabe berücksichtigt werden können.
Der jährliche Pauschalbetrag soll
  • EUR 800,00 bei thermischer Sanierung von Gebäuden
  • EUR 400,00 bei Umstieg auf ein klimafreundliches Heizungssystem
betragen. Die Regelung soll erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2022 anwendbar sein.

Verkürzung des Vorsteuerberichtigungszeitraumes bei Mietkaufmodellen

Zur Förderung der Eigentumsbildung soll ab 2023 der Vorsteuerberichtigungszeitraum für den Erwerb von Mietwohnungen mit Kaufoption von gemeinnützigen Bauträgern von 20 auf 10 Jahre verkürzt werden. Hierfür muss es zu einer nachträglichen Übertragung einer Wohnung in das Wohneigentum nach Maßgabe des Wohngemeinnützigkeitsgesetzes kommen.
Die Regelung soll per 1. Jänner 2023 in Kraft treten und für Übertragungen in das Wohnungseigentum nach dem 31.Dezember 2022 anwendbar sein.

Hervorzuheben ist, dass die vorstehenden Darlegungen auf der Regierungsvorlage basieren und zu erwarten ist, dass bis zur Endgültigen Gesetzwerdung noch Änderungen erfolgen werden. Dennoch stehen wir Ihnen auch für Erörterungen des aktuellen Standes gerne zur Verfügung.
 
Verfasst am 14.12.2021
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