Sozialversicherungszuständigkeit bei grenzüberschreitender Homeoffice Tätigkeit

Für die Beurteilung der Sozialversicherungszuständigkeit in der EU/EWR/CH gilt in erster Linie das Territorialitätsprinzip (gemäß EU VO 883/2004). Demnach unterliegt eine Person grundsätzlich immer den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen jenes Staates, in dem die Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird. Zu beachten ist allerdings auch das Prinzip der Einfachversicherung, wonach eine Person gleichzeitig nur in einem Mitgliedstaat versichert sein darf.

Telearbeit, auch als Remote-Arbeit oder Homeoffice bekannt, ermöglicht es Arbeitnehmern, von ihrem ausländischen Wohnsitzstaat aus zu arbeiten. Aufgrund dieser grenzüberschreitenden Tätigkeiten sind auch sozialversicherungsrechtliche Überlegungen notwendig.

Gemäß Kollisionsbestimmung der EU VO 883/2004 besteht Sozialversicherungspflicht grundsätzlich im Sitzstaat des Arbeitgebers. Ab einem Ausmaß der Tätigkeit im ausländischen Wohnsitzstaat von 25%, wechselt der Arbeitnehmer zwingend in das Sozialversicherungssystem des Wohnsitzstaates.

Die zunehmende Tätigkeit im Homeoffice hat dazu geführt, dass diese Grundregel um nachstehende Ausnahmeregelungen erweitert wurde.

1. Bilaterale Rahmenvereinbarung bis 30. Juni 2023
Mit den Nachbarländern Deutschland, Tschechien und Slowakei wurde jeweils vereinbart, dass erst bei Ausübung von mehr als 40% der Arbeitszeit im ausländischen Wohnsitzstaat, zwingend Sozialversicherungspflicht im Wohnsitzstaat besteht. Bis zu dieser Grenze war auf Antrag der Verbleib im Sozialversicherungssystem des Arbeitgebers möglich. Diese Vereinbarungen wurden nun durch die multilaterale Rahmenvereinbarung überholt (siehe Punkt 2).

Vorsicht: laufende Anträge bleiben bis zu deren Ablauf auch über den 1.7.2023 hinaus aufrecht. In diesen Fällen führt eine Tätigkeit von über 40 % des Gesamtarbeitszeitausmaßes im ausländischen Wohnsitzstaat zu einem Wechsel der SV-Zuständigkeit.

2. Multilaterale Rahmenvereinbarung ab 1. Juli 2023
Die neue Vereinbarung sieht vor, dass bei Ausübung von 50% oder mehr der Arbeitszeit im ausländischen Wohnsitzstaat, zwingend Sozialversicherungspflicht im Wohnsitzstaat besteht. Bis zu dieser Grenze ist auf Antrag der Verbleib im Sozialversicherungssystem des Arbeitgebers möglich. Dieser Antrag ist im Sitzstaat des Arbeitgebers zu stellen und kann für eine maximale Dauer von 3 Jahren beantragt werden (mit Verlängerungsmöglichkeit).

Die multilaterale Rahmenvereinbarung gilt nur für jene EU-Mitgliedsstaaten, welche die Vereinbarung unterzeichnen. Mit Stand 1. September 2023 gilt die Vereinbarung für folgende Staaten: Österreich, Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Kroatien, Liechtenstein, Luxemburg, Malta, Niederlande, Polen, Portugal, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, Schweden, Norwegen und Tschechien.
 
Verfasst am 18.9.2023
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