Arbeitsrechtliche Fragen zum Thema Coronavirus (COVID-19)

Was ist aus Sicht von Unternehmen zu beachten?
Im Umgang mit der derzeit angespannten Lage aufgrund des "Coronavirus" bzw. "COVID-19" treten vermehrt Fragen in Zusammenhang mit arbeitsrechtlichen Folgen auf. Diese gilt es nach aktuellem Stand im folgenden Informationsschreiben weitestgehend zu klären.

Pflichten des Arbeitgebers
Grundsätzlich trifft den Arbeitgeber keine Pflicht, Vorsorgemaßnahme zu treffen. Insbesondere in Betrieben mit regem Kundenkontakt bzw. bei Kundenkontakt mit gefährdeten Personen wird allerdings empfohlen, folgende Maßnahmen auf Basis der Fürsorgepflicht zu treffen, um Arbeitnehmer vor Infektionen zu schützen:
  • Anweisung, täglich mehrmals die Hände mit Wasser und Seife zu waschen oder mit einem alkoholhaltigen Desinfektionsmittel zu reinigen (dieses kann bei Möglichkeit vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden);
  • Anweisung, bei Husten oder Niesen Mund und Nase mit einem Papiertaschentuch zu bedecken;
  • Vermeidung von Kontakt zu kranken Menschen;
  • Implementierung von Heimarbeit (Homeoffice);
  • Telefonkonferenzen statt Besprechungen;
  • Verschiebung von Veranstaltungen oder alternative Durchführung (z.B. als Webinar).
Das Tragen von Mundschutzmasken ist nicht verpflichtend, solange die Behörden solche Mundschutzmasken nicht verordnen. Der Arbeitgeber ist auch nicht verpflichtet, Mitarbeiter im Dienstleistungsbereich, die laufend Kundenkontakt haben, mit Gesichtsmasken oder Schutzhandschuhen zu versorgen (Ausnahme z.B. bei der Arbeit in Spitälern).
Krankheits- oder Verdachtsfälle müssen vom Arbeitgeber grundsätzlich nicht an die Behörden gemeldet werden, es wird allerdings empfohlen, eine Meldung im Rahmen der Fürsorgepflicht vorzunehmen.

Pflichten des Arbeitnehmers

Eine Infektion mit dem Coronavirus muss dem Arbeitgeber umgehend mitgeteilt werden. Das Coronavirus (Covid-19) wurde durch Verordnung des Gesundheitsministers vom 26. Jänner 2020 in die Liste der anzeigepflichtigen übertragbaren Krankheiten aufgenommen. Bei Infizierung liegt ein normaler Krankenstand mit Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber vor. Hat sich der Arbeitnehmer bewusst in eine betroffene Region begeben und hat die Reisewarnungen des Außenministeriums missachtet, besteht kein Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts durch den Arbeitgeber (d.h. Beachtung von Reisewarnungen des Außenministeriums durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber!).

Reisen

Regelungen zu Dienstreisen sind grundsätzlich dem Arbeitsvertrag zu entnehmen. Der Arbeitgeber hat jedenfalls die Reisewarnungen des Außenministeriums zu beachten. Dem durch den Arbeitgeber ausgesprochenen Verbot, dienstlich in ein betroffenes Gebiet zu reisen, ist Folge zu leisten.
Eine private Reise in ein betroffenes Gebiet kann dem Arbeitnehmer nicht untersagt werden. Erkrankt der Arbeitnehmer allerdings in weiterer Folge am Coronaviurs, hat er keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung (d.h. Beachtung von Reisewarnungen des Außenministeriums!). Eine tatsächliche oder rechtliche Verhinderung der Rückreise (z.B. durch Quarantäne im Ausland) stellt einen gerechtfertigten Abwesenheitsgrund von der Arbeit dar, wonach der Arbeitnehmer nicht entlassen werden kann. Er hat für bis zu einer Woche Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber. Es besteht allerdings kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn er sich bewusst in eine betroffene Region begibt und Reisewarnungen des Außenministeriums missachtet.

Fernbleiben des Arbeitnehmers

Eine erlaubte Arbeitsverweigerung ist nur bei Vorliegen einer objektiv nachvollziehbaren Gefahr, sich bei der Arbeit mit dem Virus anzustecken, gegeben. Dies gilt nicht für Arbeitnehmer, die berufsmäßig mit Krankheiten regelmäßig zu tun haben, wie zum Beispiel in Krankenhäusern oder Apotheken. Liegt solch eine objektive Gefahr nicht vor, stellt ein grundloses einseitiges Fernbleiben von der Arbeit eine Verletzung der Dienstpflichten dar, die mit allen arbeitsrechtlichen Konsequenzen, d.h. bis hin zur Entlassung, verbunden ist.
Bei Schließung der Schule oder des Kindergartens eines Kindes, bei welchem die Betreuung aufgrund seines Alters notwendig ist, darf der Arbeitnehmer von der Arbeit fernbleiben und es besteht kein Entlassungsgrund. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung ist allerdings einzelfallbezogen zu prüfen und beträgt bis maximal eine Woche. Da Schulschließungen derzeit für eine Dauer von vier Wochen angesetzt wurden, hat die Regierung beschlossen, die Betreuung von Kindern bis 14 Jahren bei Notwendigkeit, d.h. wenn keine andere Betreuungsmöglichkeit besteht, sicherzustellen. Darüber hinaus hat die Bundesregierung beschlossen, dass Arbeitnehmer mit Kinderbetreuungspflichten bis zu drei Wochen Sonderurlaub beantragen können. Dieser Sonderurlaub würde zusätzlich zum normalen Urlaub zustehen und würde nicht das Urlaubsguthaben verringern. Die Entscheidung über die Gewährung dieses Sonderurlaubs und damit der Freistellung der betroffenen Mitarbeiter liegt allerdings bei den Arbeitgebern. Bis Ostern würde bei Genehmigung des Sonderurlaubs jedenfalls ein Drittel der Lohnkosten dieser Mitarbeiter von der Bundesregierung übernommen werden. Wie genau diese Förderung ausgestaltet und umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. Es sollte jedenfalls die Möglichkeit einer Homeoffice-Vereinbarung überprüft werden.
Erkrankt das Kind eines Mitarbeiters, kann Pflegeurlaub in Anspruch genommen werden. Der Entgeltfortzahlungsanspruch besteht aber nur im Höchstausmaß seiner regelmäßig wöchentlichen Arbeitszeit innerhalb eines Arbeitsjahres (d.h. bei Vollzeitanstellung eine Woche). Anspruch auf eine bezahlte weitere wöchentliche Arbeitszeit besteht im Fall der neuerlichen Erkrankung und notwenigen Pflege eines im gemeinsamen Haushalt lebenden Kindes unter 12 Jahren. Eine durchgehende Pflegefreistellung von zwei Wochen ist grundsätzlich nicht möglich, da pro Erkrankung maximal eine Woche an Pflegefreistellung zusteht. Ist der Pflegeurlaub aufgebraucht, kann in einem weiteren Schritt einseitig durch den Arbeitnehmer Urlaub angetreten werden (falls kein Urlaubsguthaben besteht, dann unbezahlt). Auch hier sollte daher die Möglichkeit einer Homeoffice-Vereinbarung überprüft werden.

Homeoffice
Homeoffice muss immer ausdrücklich vereinbart werden und kann nicht einseitig durch den Arbeitnehmer angetreten oder einseitig durch den Arbeitgeber angeordnet werden. Eine einseitige Anordnung durch den Arbeitgeber ist nur möglich, wenn diesbezüglich eine Vereinbarung im Arbeitsvertrag bereits getroffen wurde (Homeoffice oder Versetzungsklausel).

Arbeitnehmer unter Quarantäne
Wird ein Arbeitnehmer behördlich unter Quarantäne gestellt, hat gemäß § 32 Abs. 3 Epidemiegesetz die Entgeltfortzahlung trotz Ausfalls der Arbeitsleistung zu erfolgen. Es liegt arbeitsrechtlich daher eine sonstige Dienstverhinderung vor (noch kein Krankenstand). Die Pflichtversicherung besteht für die Zeit der Arbeitsunterbrechung aufgrund der Maßnahme nach dem Epidemiegesetz weiter.
Da die Entgeltfortzahlung zu Lasten des Arbeitgebers erfolgt, kann dieser bei der Bezirksverwaltungsbehörde (in Wien Fachbereich Gesundheitsrecht der MA 40) innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab dem Tag der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen Kostenersatz beantragen (inklusive Dienstgeberanteile zur Sozialversicherung).
Bei Quarantäne im Ausland gilt das österreichische Epidemiegesetz nicht. Eine tatsächliche oder rechtliche Verhinderung der Rückreise stellt einen gerechtfertigten Abwesenheitsgrund von der Arbeit dar, wonach der Arbeitnehmer nicht entlassen werden kann. Er hat für eine kurze Zeit (bis zu einer Woche) Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber. Es besteht allerdings kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn er sich bewusst in eine betroffene Region begibt und Reisewarnungen des Außenministeriums missachtet.

Betriebliche Maßnahmen zur Kosteneinsparung

Produktionsstillstände aufgrund von Lieferausfällen und Betriebsstörungen, die durch einen Mangel an Arbeitsstoffen oder Energie hervorgerufen werden, sind der Sphäre des Arbeitgebers zuzurechnen und es besteht eine Pflicht zur Entgeltfortzahlung an die Arbeitnehmer.
Findet auf Basis einer Verordnung gemäß § 20 Epidemiegesetz eine Betriebsschließung statt, besteht ein Anspruch auf Vergütung des dadurch entstandenen Verdienstentgangs für den Unternehmer. Auch das den Arbeitnehmern in diesem Falle fortzuzahlende Entgelt ist den Unternehmern (Arbeitgebern) zu ersetzen.
Folgende Voraussetzungen gelten für die Vereinbarung von Kurzarbeitszeit, d.h. die vorübergehende Herabsetzung der Normalarbeitszeit und des Arbeitsentgelts wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten:
  • Sozialpartnervereinbarung (Betriebsvereinbarung bzw. Einzelvereinbarungen) über die näheren Bedingungen der Kurzarbeit;
  • Kontaktaufnahme mit dem AMS sechs Wochen vor dem beabsichtigten Beginn der Kurzarbeit;
  • Arbeitszeitausfall von mindestens 10% und maximal 90% der gesetzlich oder kollektivvertraglich festgelegten Normalarbeitszeit.
Vor Anordnung der Kurzarbeitszeit hat eine Beratung zwischen dem AMS und dem Arbeitgeber unter Einbeziehung des Betriebsrates und der kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitnehmer und Arbeitgeber stattzufinden. Im Zuge dessen muss festgestellt werden, dass keine andere Möglichkeit besteht, die Beschäftigungsschwierigkeiten zu lösen.

Arbeitgeber dürfen ihren Arbeitnehmern nicht einseitig anordnen, ihr Urlaubs- und Zeitausgleichsguthaben abzubauen.


Kündigungen
sind unter Einhaltung von Kündigungsfristen und -terminen möglich. Eine Entschädigung im Falle der Kündigung von Mitarbeitern ist im Gesetz nicht vorgesehen. Bei Kündigungen durch den Arbeitgeber gilt weiters bei Betrieben ab 20 Beschäftigten und einer Kündigung ab fünf Arbeitskräften ein Frühwarnsystem, wonach das AMS mindestens 30 Tage vor Ausspruch der Kündigungen informiert werden muss.

Wie geht es weiter?

Es bleibt abzuwarten, welche weiteren Maßnahmen von der Regierung gesetzt werden. Eine genaue Beobachtung der Entwicklung und eine entsprechende Planung zur Aufrechterhaltung des Betriebs sind angesagt. Wir werden Sie jedenfalls über allfällige relevante Änderungen informieren und stehen gerne für Fragen zu Verfügung.
 
Verfasst am 12.3.2020
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